Las Vegas
12. August 2016David Copperfield
12. August 2019Seit 2011 ist der gelernte Veranstaltungskaufmann Maxim Maurice nun hauptberuflich in Sachen Zauberkunst unterwegs. Schon seit dem Beginn seiner Karriere faszinierten ihn auch die grossen Illusionen. Ausgezeichnet als Vizemeister der deutschen Meisterschaften (2008 noch bei den Junioren und 2014 in Sindelfingen, beide Male in der Sparte Großillusionen) wurden in den letzten Jahre die Schritte auf die ganz grosse Bühne bestimmter und der Weg zum Traum einer eigenen, abendfüllenden Show konkreter. Ich werde versuche mit diesem Bericht über die Show am 05.April 2019 in der Saarbrücker Saarlandhalle einen Blick hinter die Kulissen eines solchen Mega-Projektes zu werfen. Um es gleich vorweg zu nehmen, Kritik im üblichen Sinne kann ich kaum anbringen.
Ein sichtlich gut gelauntes, Publikum erlebte eine Show, ohne technische Pannen, die von der ersten bis letzen Minute perfekt choreografiert in erstaunlicher Leichtigkeit über die Bühne fegte. Alleine ein Rundgang am Tag des Aufbaus zwischen den rund 25 teils riesigen Requisiten und Aufbauten war beeindruckend. Es wurde also kräftig gesägt, durchbohrt, zerteilt, eine turbulente Parade aller gängigen und eigens entwickelten Grossillusionen. Eine lokaler Redakteur der Saarbrücker Zeitung wählte die treffende Schlagzeile:„Wo die Liebe hinsticht…“, denn auch die beste Illusionsshow steht und fällt mit der Verteilung der Rollen.
Das weibliche Pendant zu Maxim Maurice ist mit Ehefrau Jennifer Martinez erstklassig besetzt, die dank ihrer professionellen Tanzausbildung auch im Team für die Choreographien verantwortlich ist, die Kostüme entwirft und schneidert, ihm als Assistentin zur Seite steht und an diesem Abend auch mit ihrem Solo in schindelnder Höhe am Vertikal-Tuch begeisterte. Das ganze aufgelockert durch unterhaltsame Stand up Zauberei, um auch einen persönlichen Kontakt zum Publikum zu bekommen und in dem magischen Reigen auch für dramaturgische Abwechslung zu sorgen.
Aus Backstage Sicht kann ich vermelden, alle haben überlebt, lediglich einem „Stagehand“ rollte beim Abbau der 500 Liter fassende Wassertank schmerzhaft über den Fuss. Das sollte dann aber auch der einzige kleinere Unfall gewesen sein. Für mich fast selbst schon magisch, trotz bester Vorbereitung und Generalprobe bis kurz vor der Show, so einen Abend technisch und dramaturgisch einwandfrei über die Bühne zu bringen, die am Tag vorher erst in der Halle entstanden ist.
Wie also kam es also nun zum „Magic Dream“?
Vor rund anderthalb Jahren entstand die Idee zu dem Projekt. Zur Vorgeschichte gehört dazu, dass sich durch die Spezialisierung im Bereich Grossillusionen im Laufe der Jahre ein riesiges Arsenal an Requisiten ansammelte. Es muss schon eine grosse Leidenschaft zur Zauberkunst vorhanden sein, mit kompromissloser Konsequenz die selbst eingespielten Gagen immer wieder in neues Equipment und neue Requisiten zu investieren. Der Markt für diese grossen Illusionen ist scheinbar riesig, aber auch nicht unendlich. Beim Aufbau eines Repertoires stösst man immer wieder an die Grenzen der Kreativität oder des vorhandenen Budgets. Man will stets Kreatives und Neues, muss aber zwangsläufig wegen der zum Teil sehr beschränkten Möglichkeiten bei Auf- und Abbau und logistischen Unwägbarkeiten auch in die üblichen Klassiker investieren. Ein nicht unerheblichen Teil des Budgets investiert man zusätzlich in den Bau passender Cases und Transportkisten, die sich natürlich im täglichen Einsatz schnell auszahlen, zumal man dann irgendwann Werte im sechsstelligen Bereich über die Rampen und Bühnen wirbelt.
Zur Teilnahme für die deutschen Meisterschaften entwickelte Maxim Maurice zusammen mit Karl-Heinz Kaiser aus Dresden eine neuartige Zertrennungsillusion in gigantischem Ausmaß, was dem Team dann auch einen Auftritt in der französischen TV-Sendung „Grand Cabaret du monde“ einbrachte. Kreativität zahlt sich also aus, wobei sich die Illusion wegen der sperrigen Ausmasse verständlicherweise nur bedingt zum Einsatz bei Galas oder kleineren Events eignet. Für seine Variante der Screen-Illusion mit interaktiven LED Bildschirmen wurde ein exclusives Aufführrecht in Deutschland vereinbart und eine eigene kreative Umsetzung der eingesetzten Filme erarbeitet.
Für die fast 6 Meter grosse „Double-Saw“, den Fire-Spiker oder den „Wassertank“ wurden eigene Designs beauftragt. Hinzu kam die vielleicht wichtigste Entscheidung der Karriere, eine logistische Lösung für die Lagerung der Requisiten zu finden. 2017 wurde eine 220 Quadratmeter grosse Lagerhalle gebaut, die mittlerweile auch schon wieder an Limit der Kapazität angekommen ist. Als Lager perfekt, aber zum zusätzlichen Proben fast schon wieder zu klein. Requisiten sind das eine, die technische Ausstattung kommt dann noch einmal dazu. Maxim Maurice hat auch hier sehr konsequent in seinen Traum investiert.
Aus meiner Sicht ist die Inszenierung heute genau so wichtig in der Ausgestaltung, wie die Zauberkunst selbst auf der Bühne. Aber genau diese beständigen Investitionen machen sich dann letztlich in der technischen Umsetzung einer solchen Show bemerkbar. Einerseits macht sich der Einsatz der Technik für die Zuschauer als spektakuläre Inszenierung bezahlt, für den Künstler aber vom Aufwand fast unbezahlbar aus Kostensicht, wenn man nicht auch auf eigenes Material zurückgreifen kann. Also das magische und technische Know-How samt Requisiten war vorhanden, es fehlte eine Spielstätte und eine Möglichkeit sich diesen Traum, sozusagen als „Best of“ auf der Bühne zu verwirklichen.
Dieses Mal sollte also nicht eine Illusion als Höhepunkt eines Auftritts das Highlight sein, sondern einmal alle Illusionen in einer Show Platz finden. Dramaturgisch clever brachte Maxim Maurice die Geschichte seines eigenen Traumes auf die Bühne. Zwar naheliegend, aber trotzdem in einem langen Prozess der Entwicklung , entstand eine kleine Rahmenhandlung, in der Maxim Maurice von seinem magischen Werdegang erzählen wollte, umgesetzt auf der Bühne in der Erzählung über das erste Zauberbuch und die Stationen des Werdegangs.
Das Buch, aufwändig mit einigen technischen Raffinessen ausgestattet, wurde also zum zentralen Mittelpunkt der Show und auch Motiv der Trailer und Plakate. Im übrigen auch ein Wagnis, auf dem Plakat und der Bewerbung ohne die übliche Symbolik einer Zaubershow auszukommen.
In der Show selbst schlüpfte der 12-jährige Zauberkollege Peter Köhl in die Rolle des Jungen, der sich mit der Zauberkunst einen magischen Traum erfüllen wollte. So bildete diese Geschichte, den Anfang und das Ende der Show und wurde thematisch ergänzt durch vorher produzierte Video-und Toneinspielungen. Dank dreier Videoleinwände und der ohnehin außergewöhnlich aufwendigen Licht- und LED-Technik brachte also nun Maxim Maurice ein Multi-Media Spektakel einmalig auf die Bühne, was in dieser Form nur grosse, etablierte Tour-Produktionen hinbekommen.
Besonders gut gelungen war die Einleitung zur Präsentation der Entfesslung aus dem Wassertank, mit historischen Fotos und Filmaufnahmen von Houdini. Diese stammten aus dem Archiv von Eberhard Riese, der auch als Regisseur der Show verantwortlich zur Seite stand. Ein Zuschauer lobte bei Facebook die stimmige Auswahl an Musik. Mit meinem Hintergrundwissen ergibt sich auch hier ein grosses Dilemma heutiger Zauberkunst. GEMA-freie Musik erfüllt oft nicht den Zweck für ein Publikum oder muss schon sehr speziell auf den Künstler komponiert sein. Wer aber sein Publikum mit bekannten Songs und Melodien zusätzlich begeistern will, muss in dieser Grössenordnung kräftig zahlen. Alleine für diese Kosten mussten 200 Tickets von Magic Dream verkauft werden.
Wie insgesamt das ganze Projekt auch leicht zum finanziellen Albtraum hätte werden können. Da die Halle aber dank hervorragendem Marketing bis auf den letzen Stuhl mit 2.500 Plätzen ausverkauft war, werden sich die Ausgaben mit den Einnahmen ungefähr ausgeglichen haben. Aber wer will schon Geld mit seinem eigenen Traum verdienen…
Am Ende einer Show ist es üblich, dem Team dahinter zu danken. Auch hier erlaube ich mir ein paar Sätze zu dem wahrscheinlich wichtigsten Faktor in einer solchen Show. Das Dream Team auf der Bühne und dahinter. Angefangen vom genialen Lichttechniker Philip Fuchs, der bereits vor Einzug in die Halle alle Lichtstimmungen erschaffen und vorprogrammiert hatte und allen anderen aktiven Helfern auf der Bühne und hinter den Kulissen. Durch unzählige Auftritte in den vergangenen Jahren, die Durchführung der Vorentscheidungen 2010 und den deutschen Meisterschaften 2017 bildete sich ein kreatives und belastbares Team im Hintergrund, ohne die ein solches Projekt nicht realisierbar gewesen wäre. Es braucht dann aber auch die Geduld und Nerven ein solches Team zu führen und bei Laune zu halten. Aber auch über Rückschläge hinweg zu sehen und auf Inspiration und Freundschaften zu vertrauen. Diese Worte hat Maxim Maurice dann auch zum Ende der Show in seiner Präsentation des Lebenspuzzle verarbeitet. Und so wurde dieser Text über die Höhen und Tiefen auf dem Weg zum magischen Traum der emotionale und rührende Höhepunkt des Abends. Da versagte dann auch Maxim Maurice am Ende fast die Stimme und auch die Tränen der Anspannung konnten sich lösen. Die Reaktion der Saarbrücker Oberbürgermeisterin war in einem Wort: Weltklasse! Beste Werbung also für unsere Zauberkunst.
Dieser Traum ist in Erfüllung gegangen. Ich wünsche Maxim Maurice, seiner Frau Jennifer Martinez und dem gesamten Team, dass das Träumen mit vielen guten und kreativen Ideen weiter geht…
Markus Lenzen